… and back again!

Es schneit gerade.

Der Plan der Kälte aus dem Weg zu gehen, hat also nicht hundertprozentig geklappt, aber wer wird schon kleinlich sein. Der kanadische Frühling ist nunmal immernoch kälter als manch Wintertag in Köln. Okay ein bisschen mehr hätte das Wetter im April schon mitspielen können. Die fünf abgefahrenen Tage in Tokyo waren zwar noch voll Frühlingssonne, doch schon Vancouver im Anschluss zeigte eigentlich nur graues Regenwetter. Genau wie Calgary direkt danach. Eine große Rolle hat es zugegeben nicht gespielt, denn der Jetlag hatte mich da schwer im Griff. Nachts hellwach und tagsüber müde, wie man sich das so vorstellt. Zwischendurch hab ichs aber doch noch geschafft ein bisschen was von den kanadischen Rocky Mountains zu sehen. Muss ja sein wenn man schon mal da ist.

Von da aus ging es weiter nach Toronto wo ich quasi die letzten drei Wochen verbracht habe. Mehr oder weniger jedenfalls, denn Trips und Besuche nach Oakville, Kingston, Ottawa, Niagara Fälle und Muskoka waren auch drin in den letzten drei Wochen. Viel gesehen, neue Leute kennengelernt, aber vor allem alte Bekannte wiedergetroffen.
Alles in Allem hab ichs aber eher ruhig angehen lassen und mehr Land und Leute genossen, als Abenteuer erlebt.
Aber auch damit ist es jetzt vorbei. Der erwähnte Schnee weht nämlich am Fenster vorbei während ich im Auto sitze das mich zum Flughafen bringt. Wenige Stunden noch bis ich in den Flieger steige,  der mich wieder zum Ausgangspunkt meiner Reise bringt.

Wie es mir damit geht?

Ich hatte ja einige Zeit mich darauf vorzubereiten. Um ehrlich zu sein fühlt es sich sehr ähnlich an, wie die Tage bevor ich zu meiner Reise aufgebrochen bin. Ich hab eine Idee von dem was mich erwartet aber wie es letztlich wirklich wird, kann ich beim besten Willen nicht sagen. Ich bin gespannt auf was auch immer mich dort erwartet. Immer wieder höre ich wie jemand sagt „zurück in die Realität“. So fühlt es sich aber nicht an. Wenn man so lange auf Reisen ist, wird das Leben aus dem Koffer, Kochen in Hostelküchen und Schlafen in Hochbetten oder auf Sofas, zur neuen Realität. Man kann sich nicht denken wie kurz die 8 Stunden Flug heute für mich klingen.
Nach Deutschland kommen ist weniger eine Rückkehr, als der Beginn eines neuen Lebensabschnittes.

Deswegen merkt man vielleicht, dass ich mich ein bisschen davor scheue „nach Hause“ zu sagen. Ich weiss gerade einfach nicht wie sehr ich mich zu hause fühlen werde.

Das klingt für einige vielleicht wieder etwas traurig, ist es aber nicht. Ich bin einfach gespannt und aufgeregt was mich erwartet. Und natürlich brauche ich nicht erwähnen wie sehr ich mich auf Freunde und Familie freue. (Ich hoffe das meine Leber das alles mitmacht.) Worauf ich mich auch freue ist meine Wohnung und mein Bett! Nicht weil ich unbequem geschlafen hätte, aber ein Umstand den das Reisen so mitbringt, ist, dass ich überall und permanent zu Gast bin. Mal mehr mal weniger, aber doch durchgehend. Und selbstredend hat das auch nichts damit zu tun, wie gastfreundlich meine Gastgeber sind. Einfach locker durch die Hose atmen und keine Rücksicht auf irgendwen zu nehmen wird großartig.

Soviel zum Blick nach vorn, aber was liegt da jetzt eigentlich hinter mir?
Auch darüber habe ich viel nachgedacht auf der letzten Etappe. Es fällt schwer einfache Worte zu finden für meine Zeit unterwegs. Natürlich ist es ein gutes Jahr gewesen, aber wie viel ist da wirklich passiert?
Sehr viel das ich genießen konnte, aber auch einiges das ich durchstehen musste.

Gestern, an meinem letzten Abend auf Reisen, unterhielt ich mich darüber mit Steven aus Toronto. Übers Wochenende war ich mit neuen Freunden in eine Cottage am See in Muskoka gefahren und wie es sich gehört, hatten wir zum Sonnenuntergang auch ein Lagerfeuer entfacht. Frei nach Murphys Law hat es natürlich nicht lange gebraucht bis es wieder zu regnen anfing und während der größte Teil der Gruppe schon wieder bei Trinkspielen im gemütlichen Wohnzimmer saß, kauerten Steve und ich noch tapfer am Feuer, genossen die Hitze der Glut und taten so als würden wir den Regen im Nacken nicht spüren. Wir unterhielten uns übers Reisen und Vagabunden Leben und dann erinnerte er mich an etwas woran ich lange nicht gedacht hatte:
Vor 475 Tagen bin ich nach Neuseeland gereist ohne auch nur irgendeine Form eines Plans zu haben. Ich hatte ein Bett für die ersten zwei Tage gebucht und wortwörtlich alles andere war komplett ungewiss. Alles was danach geschah entstand komplett aus mir und meinen Entscheidungen. Es gab keine Vorgaben, keine Zwänge und keinen Masterplan. Ich war frei zu tun und lassen was ich will und das brachte mir unzählige Erfahrungen, für die ich allein verantwortlich bin. Und ich bereue keine einzige davon, wenn sie mich über drei Kontinente und fünf Länder, zu diesem Lagerfeuer an einem kanadischen See, in guter Gesellschaft gebracht haben.

All das kam einmal aus der Entscheidung heraus auf Reisen zu gehen.

Es war eine gute Entscheidung.

31 Tage, 20 Stunden in Kanada
475 Tage, 18 Stunden weg von zu hause
Noch 14 Stunden und 20 Minuten bis zum Ende meiner Reise